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Die Ebernburger Separatistenfahne von 1923
In der Außenstelle des Stadtarchivs Bad Kreuznach, in Bad Münster am Stein-Ebernburg, befindet sich ein textiles Zeugnis aus einer bewegten Zeit: eine etwas verblasste, grün-weiß-rot gestreifte Separatistenfahne. Es soll sich dabei um dieselbe Fahne handeln, die im Herbst 1923 auf dem Dach des Ebernburger Bürgermeisteramts gehisst wurde, nachdem es durch Separatisten erstürmt worden war.
Während über die Vorgänge des in Rheinbayern gelegenen Ebernburg wenig in Erfahrung zu bringen ist, sind die Informationen über die separatistische Bewegung in Bad Münster am Stein unter der Führung von Dr. Baum umfangreicher. Braun, der in der preußischen Rheinprovinz agierte, wird eine enge Beziehung zu dem pfälzischen Separatisten Franz Josef Heinz („Heinz-Orbis“, 1884-1924) nachgesagt. Dieser hatte am 11. November 1923 in Speyer die „Regierung der Autonomen Pfalz im Verband der Rheinischen Republik“ ausgerufen.
Ziel der separatistischen Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg war es, das Rheinland aus dem preußischen Staat zu lösen, um eine Rheinische Republik unter französischem Protektorat zu errichten. Diesem Ansinnen folgten während der französischen Besatzungszeit Gemeinden und Städte wie auch Ebernburg, Bad Münster am Stein und Kreuznach. Kreuznach erlebte in der Nacht vom 26. auf 27. Oktober 1923 einen „Separatistenputsch“. Mit dem Ausrufen der Rheinischen Republik in Kreuznach wurde auf allen öffentlichen Gebäuden, unter anderem dem Landratsamt, die grün-weiß-rote Separatistenfahne gehisst.
Die Ereignisse dieser Tage sind recht gut dokumentiert, nicht zuletzt aufgrund der publizierten persönlichen Erinnerungen des 1. Beigeordneten Dr. Wilhelm Fritsch (1880-1967) und dem im Selbstverlag veröffentlichten Brief von Peter Bickert (1874-1955), Mitglied der Rheinischen Bewegung und Bezirks- beziehungsweise Oberkommissar für Kreuznach, an Fritsch.
Die Ebernburger Separatistenfahne ist 0,78 x 0,80 Meter groß. Sie wurde aus drei übereinanderliegenden, gefärbten Leinenbahnen zusammengenäht. Neben einigen Fahnen meist aufgelöster unpolitischer Vereine stellt sie im Bestand des Stadtarchivs eine Besonderheit dar − das textile Zeugnis einer gescheiterten, politisch motivierten Splittergruppe.
StAKH Bestand 37
©Franziska Blum-Gabelmann 2019