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Briefe geschrieben auf einer Alpenreise Mai 1807
Demnächst im Haus der Stadtgeschichte – Briefe geschrieben auf einer Alpenreise Mai 1807
„Endlich meine Freunde! geht einer meiner höchsten, schon längst gehegten Wünsche in erfüllung: Es ist eine Reise durch diese mächtigen, mit ewigem Schnee bedeckten Alpen; (…) Mögen jene gepriesene Helden, die schönen Tage des Frühlings dazu anwenden, Städte und Länder zu verwüsten, und mit dem Blute ihrer erschlagenen Brüder, die voll Seegen blühende Fluren bespritzen: Wir wollen friedlich vereint durch diese stille Thäler, über diese majestätische Felsen wallen, Und in betrachtung der erhabenen Wunder der Natur, unsere Kentnisse erweitern, und unser Herz veredlen; und indem wir so der menschheit nützlicher werden (…)“. Diese Worte eines unbekannten Verfassers stehen am Anfang des 1. Briefes, den er während einer Wanderung in den Schweizer Alpen verfasste. Vom 24. Mai bis 6. Juni 1807 durchquert er zusammen mit seinen Freunden Wittmann, Schöppers, Wild und Ruff von Süden nach Norden mehrere Kantone: Waadt, das Wallis, Bern, Ob- und Unterwalden und Schwytz. Die Gruppe startet in Lausanne. Ihr Weg führt sie entlang des Genfer Sees über Evian nach Montreux, von dort über Villeneuve und St. Maurice nach Bex, dann weiter nach „Martinach“ (Martigny), „Brieg“ (Brig), Obergesteln und Meiringen. Von dort nach Lungern, Alpenach, Rothenthurm, Einsiedeln und Richterswil nach Zürich; der Endstation der Fußreise. Dort trennen sich die Freunde, um zurück nach Lausanne, Bern und Wien zu gelangen. Im Brieftagebuch schildert der Verfasser seine Gedanken, Eindrücke und Erlebnisse auf der Wanderung. Er zeigt sich historisch, geographisch und geologisch versiert, streut Bemerkungen zur Geschichte von Burgen in seine Brieftexte ein, benennt Pässe, Berge, Täler, Flüsse oder Gesteinsarten. Besonders lebhaft schildert er den Besuch der Saline von Bex: „Man gab einem jeden einen schwarzen Oberrock mit Kapuze, und eine brennende Lampe in die Hand“, die ihn in „trolliger Schornsteinfeger Masquerade“ tief in den Berg hinein führt. Sein Freund Wild fühlte sich von der Großartigkeit des Salzbergwerkes, in dem sich riesige, breite und hohe Säle auftaten, dazu animiert Flöte zu spielen, um die Akustik auszuprobieren. Der Verfasser schildert in seinem Text begeistert die ihn umgebende Natur; liebliche und fruchtbare Täler ebenso wie einsame karge Felsenwüsten, weite Blicke auf ein beeindruckendes Alpenpanorma mit Blick auf den Mont Blanc, reißende Bergbäche, tosende Wasserfälle und Überschwemmungen, schwindelerregende Höhen, steile Abgründe und grandiose Felsen- und Wolkenformationen. Daneben verschweigt er die Gefahren der Bergwelt nicht: „Was diesen furchtbaren Weg noch schrecklicher macht, sind mehrere da herum stehende Todenhäußgen wo verunglückte leichname drin liegen, wovon 4 schon von diesem jahr sind“. Er erwähnt Dörfer und kleine Städte ebenso wie klösterliche Gemeinschaften, die Unterkunft und Schutz bieten, und ebenso die Unbilden des Wetters wie Regen und Kälte oder große Hitze. Die Wanderung der Freunde im Jahr 1807 fand in einer bewegten Zeit statt, auf die der Verfasser eingangs verweist – die napoleonischen Kriege bzw. den vierten Koalitionskrieg. Das 29seitige und 18 cm x 23 cm große Brieftagebuch bietet einen besonderen Reiz für jene, die gerne wandern oder historischen Vorbildern folgen. Es handelt sich um ein frühes Zeugnis des beginnenden alpinen „Tourismus“ und ist zudem ein zeittypisches Egozeugnis.
Jetzt noch im Stadtarchiv unter StAKH MS Manuskripte
Franziska Blum-Gabelmann