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Elke Schowalter blickt bis März 2020 zurück - corona-tagebuch
Der Wunsch nach weihnachtlicher Vorfreude
Wir konnten gerade noch den Winterurlaub im Kreuth genießen und uns mit Lutz und Gitta sowie mit Stefan und Familie treffen. Am Freitag, den 13. März wurden in Bayern die Schulen geschlossen, am 14. konnten wir nach Hause fahren allerdings ohne den geplanten Aufenthalt in Gomaringen, was wir sehr bedauert haben, zumal wir Christofs 50. Geburtstag feiern wollten.
Zunächst wurde alles heruntergespielt. Unser Gesundheitsminister Spahn und die Virologen strahlten Zuversicht aus. Alles sei gut zu bewältigen, in China gebe es schon weniger neue Infektionen. Dann aber brach die Katastrophe auch über Europa herein. Österreich, Spanien und Frankreich wurden schwer getroffen, auch bei uns waren Tote zu beklagen. Alle Veranstaltungen wurden abgesagt, wir sollten weitgehend alleine zu Hause bleiben. Spaziergänge zu zweit waren erlaubt, ebenso das Einkaufen und Arztbesuche. Zunächst wurde Mundschutz als unnötig erachtet, dann doch empfohlen. Aber es fehlte an allem, auch besonders in den Krankenhäusern, Altenheimen. Die Kinder mussten zu Hause bleiben, bekamen ihre Aufgaben über das Internet. Die Stadt war gespenstisch ruhig,
Für uns war der „Lock-down“ eigentlich erträglich. Wir nutzten unser Wochenendhaus zu erholsamen Stunden, gingen viel spazieren, versorgten den Garten und waren mit Kindern, Enkeln, Familie und Freunden in telefonischem Kontakt. Andreas besuchte uns zweimal, Ostern verbrachten wir allein zu Hause mit Fernseh-Gottesdienst. Die Gemeindepfarrer schickten uns Andachten aufs Handy, um 19 Uhr läuteten alle Kirchenglocken zum kurzen Innehalten,
Am 20. April traten erste Lockerungen in Kraft. Einige Läden durften öffnen, aber Zusammenkünfte mehrerer Menschen blieben verboten. Wir halten uns an die Vorgaben. An Gerds Geburtstag haben wir mit Mechtild und Ullo im Garten Kaffee getrunken.
Langsam werden viele Menschen ungeduldig, vor allem die jüngeren. Die Wirtschaft ist überall eingebrochen. Rufe nach Öffnungen werden lauter. Protestaktionen formieren sich, wobei sich da allerlei Rechte, Verschwörungstheoretiker oder Impfgegner sammeln. Zum Glück waren die Zahlen der Infizierten und Verstorbenen in Deutschland relativ niedrig, es wurde auch in den Krankenhäusern vorgesorgt, so dass es nicht zum befürchteten Zusammenbruch des Gesundheitswesens kam. Aber schwere Erkrankungen gab es schon, auch bei jüngeren Menschen. Daher bleiben wir weiter vorsichtig.
Am 12. Mai starb Erika im Heim in Enkenbach. Eine stille Begräbnisfeier im kleinen Familienkreis war möglich.
Allmählich werden die Verbote gelockert, sogar Reisen und Restaurantbesuche sind ab Mitte Juni wieder möglich. Wir warten zunächst ab.
Wir haben uns schon mit Freunden getroffen, aber immer nur zu viert, haben auch je einen Gottesdienst in Kreuznach und Neudorferhof besucht.
Aber noch ist die Gefahr nicht vorüber und wir hoffen weiter, dass wir gesund bleiben und ein neuer Ausbruch verhindert werden kann. (Allerdings flammen immer wieder „Hotspots“ auf).
Wie es weitergeht weiß niemand so recht, auch die Virologen sind sich nicht einig. Alle Planungen sind mit Fragezeichen versehen. (Anmerkung der Autorin: diesen Text habe ich am 27. Juni 2020 geschrieben).
Mittlerweile ist es Juni geworden, die Beschränkungen wurden gelockert. Reisen und Restaurantbesuche und Treffen mit mehreren Personen sind möglich. Wir haben uns mit verschiedenen Freunden treffen können, meist im Garten. Auch das Kusinen-Treffen konnte auf dem Kaplaneihof stattfinden. Es waren fast alle gekommen und alles sehr harmonisch. Anschließend verbrachten wir noch eine erholsame Woche im Hotel Seeblick. Unser Sommerurlaub! Auch daheim konnten wir noch mehrmals ins Freibad gehen.
Aber ansonsten haben wir uns an die Aha-Regeln gehalten (Abstand-Hygiene-Alltagsmaske) alle schon etwas seltsam. Christof und Familie konnten uns in den Ferien für ein paar Tage besuchen – Annika und Dominik schliefen im Zelt bzw. unter freiem Himmel! (Daniel). Sie konnten auch Fam. Andreas treffen. Das waren wundervolle Tage für uns.
Aber leider war das Virus nicht so friedlich.
Auch die Menschen wurden immer ungeduldiger. Urlaubsreisen wurden erlaubt, auf Mallorca war der Teufel los, in den Anlagen wurde gefeiert, ohne Abstandsregeln. Sog. Querdenker aller Arten trafen sich zu Massendemos. Impfgegner, Rassisten, Rechtsextreme mischten sich mit allerlei Verschwörungstheoretikern und Alu-Hut-Trägern. Die Polizei hatte viel zu tun. Ich kann das nicht verstehen. In den USA leugnet der Präsident weiter alles. Brasilien kann die Toten kaum noch bestatten und auch in Europa flackern immer neue Hotspots auf.
Die großen Ferien haben Lehrer und Schüler etwas entlastet. Alles ruft nach digitalem Unterricht. Es fehlen dafür aber alle Voraussetzungen. Der September war noch herrlich sommerlich und viele Leute dachten schon es wäre nun vorbei. Allerdings warnten die Virologen und auch der Gesundheitsminister vor der „zweiten Welle“. Die kam auch prompt mit den kühleren Temperaturen.
Wir konnten im September noch ein schönes Wochenende mit Nordmann und Rasselenberg in Saarbrücken verbringen. Auch noch Geburtstag bei Wagners und Ullo feiern. Dann war es schon wieder aus!
Die Infektionszahlen sind sprunghaft angestiegen, die Rückkehr aus dem Urlaub und andere unvorsichtige Zeitgenossen waren da nicht ganz unbeteiligt, aber auch die kalte Witterung trug dazu bei, dass ab November wieder alles dicht ist: Keine Restaurants, Kino, Konzerte oder sonstige Feste. Weihnachtsmärkte, Fastnacht etc. fallen aus, Sportveranstaltungen finden ohne Zuschauer statt. Nur die Geschäfte bleiben offen, ebenso die Schulen, Präsenzunterricht heißt nun das Zauberwort, die Einrichtungen sollen offenbleiben. Lehrer sind nicht alle glücklich damit. Unsere Familie ist bis jetzt verschont geblieben, wir hoffen, dass es so bleibt. Benjamin hat sein Abi gemacht – ohne Feier, nun beginnt das Studium halt überwiegend digital, für Lara ist es genauso. Zum Glück wohnen sie daheim. So dass sie nicht allein sind. Annika kommt in Augsburg ganz gut zurecht, sie hat ja schon einen stabilen Freundeskreis. Dominik kommt wohl auch klar, aber er vermisst den Fußball. Nele ist recht entspannt, sie bereitet sich auf das Abi vor, so gut es geht.
Nun erwarten wir den ersten Advent. Morgen soll es neue Verhaltensregeln geben, es wird aber eher strenger als bisher. Wir hoffen nun, dass wir Weihnachten zusammenfeiern können, es wird manches anders ein. Aber wir müssen nun durch die Zeit und versuchen, das Beste daraus zu machen.
Heute, am 25. November 2021, schreibe ich wieder einmal etwas aus den Corona-Zeiten auf. Am Vormittag habe ich einen der begehrten Termine zur dritten Impfung bekommen. So hoffen wir, dass wir an Weihnachten einigermaßen normal feiern können. Im vorigen Jahr mussten wir leider allein unterm Baum sitzen. Wir haben die Bescherung auf Abstand im Garten verbracht und uns per Zoom miteinander verständigt. Die neuen Möglichkeiten ersetzen zwar nicht die persönlichen Kontakte, helfen aber über die Einsamkeit hinweg. Spaziergänge zu zweit oder mit wenigen Freunden waren ja immerhin erlaubt. Auch Fastnacht und Ski-Urlaub fielen aus, und an Ostern war es auch nicht besser. Wir hatten keine noch keine Möglichkeit, uns impfen zu lassen, da die Ältesten den Vortritt haben sollten. So unternahmen wir immer wieder Ausflüge in die Umgebung und staunten, wie schön unsere Heimat ist. Die geplante- und mehrfach verschobene Kreuzfahrt wurde nun endgültig abgesagt – wir hätten sie sowieso nicht angetreten.
Daniels Konfirmation im Mai erlebten wir nur am Bildschirm mit. Eine Zoomkonferenz mit allen Verwandten ersetzte die Feier, es gab ein Quiz, Gedichte und Liedbeiträge, so dass es trotzdem eine schöne Feier war. Ja – die Zeiten verlangen Kreativität und Improvisation!
Umso schöner war die neue gewonnene Freiheit im Sommer. Vieles war nur möglich, sogar ein bisschen Urlaub in Deutschland. Die Impfung machte ja vieles wieder möglich. Andreas konnte seinen 50. Geburtstag in größerer Runde feiern und es fand sogar ein Schachturnier statt. Aber alles mit Abstand, Maske und strengen Regeln – Leider gibt es ja zahlreiche Impfgegner, die Corona immer noch für harmlos halten. Ich habe zwar auch ein etwas mulmiges Gefühl den eilig entwickelten Präparaten gegenüber, aber ich sehe keine Alternative zur Impfung.
Der Sommer verlief relativ entspannt. die Virologen mahnten zwar weiterhin zur Vorsicht, aber alle wiegten sich in Sicherheit. Eine trügerische Angelegenheit, wie sich später herausstellen sollte! Die Politiker waren im Wahlmodus, keiner wollte sich unbeliebt machen, dann kam die schreckliche Flut an der Ahr und anderen Flüssen und plötzlich hatte uns Corona wieder voll eingeholt. Mit Beginn der kälteren Temperaturen nahm das Virus erneut Fahrt auf und keiner war darauf vorbereitet: weder Kliniken noch Impfzentren oder niedergelassene Ärzte, nicht Schulen und auch nicht die Kommunen. Die alte Regierung, allen voran der überfordert wirkende Minister Spahn samt Kanzlerin Merkel schien schon auf dem Absprung zu sein, die neue Ampelregierung war noch mit sich selbst beschäftigt, so dass offenbar keiner das Unheil heraufziehen sah!
Nun stehen wir mit hohen Inzidenzen da, die Impfstoffe erweisen sich als weniger wirksam wie gedacht, keiner will der Spielverderber sein und harte Maßnahmen verhängen. Nun sollen möglichst schnell alle geimpft werden, es wird getestet, aber Fußballspiele, Großveranstaltungen, Weihnachtsmärkte und vieles andere findet statt, erst seit kurzem werden Impfstatus oder Test kontrolliert.
Ich habe im September wieder mit der Gymnastik und den Chorproben begonnen. Wir hatten auch verschiedene Treffen mit Familie und Freunden, doch nun scheint alles wieder zurückgefahren zu werden. Ich habe keine Angst, aber ich bin doch in Sorge, wie es vor allem mit den jüngeren Leuten weitergehen soll. Die Zahlen sind furchtbar und ich weiß manchmal nicht, ob ich überhaupt noch Nachrichten ansehen oder lesen will. Nun steht der Advent vor der Tür – eigentlich frohe, erwartungsvolle Tage mit lieben Menschen und netter Gesellschaft, mit Musik und Konzerten, Gottesdienst und Weihnachtsessen! Aber wahrscheinlich muss vieles ausfallen und wir werden wieder zu Hause bleiben müssen. Dennoch versuche ich, weihnachtliche Vorfreude zu empfinden und die Zeit zu genießen. Jesus ist eben nicht in eine heile Welt gekommen. Darüber muss man sich im Klaren sein.
Elke Schowalter
Foto: Überall die Hinweise auf die Verhaltensregeln, auch in den Weihnachtsbuden in der Innenstadt. Foto: Hansjörg Rehbein