Die auf die Krone geförderte Sole rieselt dann an den Schwarzdornwänden herab, sammelt sich im Trog und wird immer wieder nach oben gepumpt. Da bei diesen Umläufen mehr und mehr Wasser verdunstet, steigert sich Grad für Grad der Salzgehalt im Laufe der Zeit von ursprünglich 1,5 Gramm pro Liter auf bis zu 20 Gramm pro Liter. Seit rund 290 Jahren wird diese Gradiertechnik in Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein angewandt und diente bis 1999 der Salzgewinnung. In der Umgebungsluft macht sich der Salzgehalt durch erfrischende, salzhaltige Luft bemerkbar – einer Meeresbrise vergleichbar. Daher erfolgte seit dem 19. Jahrhundert die Nutzung der Salinen als Kuranlagen.
Studie soll Klimaeffekte der Gradierwerke ermitteln
Den Anfang bei der Inbetriebnahme macht gleich Anfang April der Inhalationspark im Kurpark Bad Kreuznach. Hier flankieren zwei kleine Gradierwerke den 1928 errichteten Solezerstäuber, der die Aerosole in der Umgebung versprüht. Die kleineren Partikel können tiefer in die Atemwege eindringen und dort wohltuend wirken. Nach und nach läuft dann auch die Berieselung der sechs insgesamt 1,1 Kilometer langen Gradierwerke im Salinental an. 16.000 Quadratmeter Fläche bilden die acht Meter hohen Dornwände, an denen die Sole herabperlt. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Klimaanpassung ist der kühlende und erfrischende Einfluss auf das Kleinklima beachtlich.
Wie stark die Wirkung tatsächlich ist, das will die Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH jetzt genau wissen. Sie hat mit der Zustimmung des Aufsichtsrates als von der Stadt beauftragte Eigentümerin der Gradierwerke eine Studie in Auftrag gegeben, die den Klimaeffekt – auch im Hinblick auf das subjektive Empfinden der Menschen – präzise ermitteln wird. Eine vergleichbare Studie wurde bereits für das Gradierwerk Bad Dürrenberg – das größte Einzelgradierwerk Deutschlands – erarbeitet. Die Forscher messen im Sommer nicht nur Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur in unterschiedlichem Abstand zu den Gradierwerken und visualisieren das Ergebnis – auch ein möglicher Einfluss der großen Dornwände auf die Luftzufuhr zur Innenstadt ist Gegenstand der Berechnungen. Das Projekt wird von einem Startup von ehemaligen Studenten der Uni Leipzig durchgeführt.
Berieselung endet Anfang November
Einen Sonderfall stellt derzeit noch das frisch rundum sanierte Gradierwerk in Bad Münster am Stein dar. Die 150 Meter lange Anlage prägt den Kurpark und sorgt für angenehme Temperaturen auch an heißen Tagen. Doch leider gelingt hier die Salzanreicherung des Wassers durch die Umläufe nicht. Denn dieses Gradierwerk – es ist im derzeitigen baulichen Zustand das jüngste – verfügt nicht über einen oberirdischen Sole-Trog, sondern über einen unterirdischen Tank. Dieser kann jedoch nicht genug Wasser aus der Rheingrafenquelle unter dem Kurmittelhaus aufnehmen. Daher muss ständig neues Wasser nachgespeist werden und so bleibt es bei der relativ geringen Salzkonzentration von zirka 1 Gramm pro Liter. Die GuT will Abhilfe schaffen und einen fünfmal größeren Tank einbauen lassen. Kostenpunkt 120.000 Euro. Einen erheblichen Anteil würde die Kuna-Stiftung zahlen. Es bleibt abzuwarten, ob auch der städtische Eigenanteil aus dem Haushalt finanziert werden kann.
Die Gradierwerke werden bis Anfang November berieselt. Die Wintersaison dient dann Unterhaltungs- und Sanierungsarbeiten. So soll bis Saisonbeginn 2026 die Neubedornung des mit 320 Metern größten Gradierwerks – am Stadion Salinental – abgeschlossen werden.
Text und Foto: Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH