Klimarundgang durch Bad Kreuznach

Ehrenamtliches Engagement für eine grüne Stadt


Initiator des Rundgangs war die Klimagemeinschaft, ein Netzwerk aus Bad Kreuznach, das sich einem breiten Themenspektrum rund um Klimaschutz und Klimafolgenanpassung widmet. Der Zukunftstag und der Park(ing) Day sind bekannte Veranstaltungen, an denen die Klimagemeinschaft maßgeblich beteiligt ist. Die „Untergruppe Grün“ des Netzwerkes hat zusammen mit dem Klimaschutzmanager der Stadt, Rudolf Rohrbacher, den Rundgang initiiert und geplant.

Aus Perspektive der Stadt Bad Kreuznach ist es wichtig, dass im Stadtgebiet ausreichend Bäume stehen und genügend zugängliche Grünflächen existieren. Neben gestalterischen und planerischen Belangen rücken heute vorwiegend Hitzeschutz für Mensch und Tier und das Abschwächen von Starkregenereignissen in den Vordergrund – um nur zwei zentrale Funktionen von grüner Infrastruktur zu nennen. Die Liste ist deutlich länger. Gerade diese beiden Risiken haben im letzten Jahrzehnt deutlich zugelegt.

Baumbestand schlecht auf Klimawandel vorbereitet

Auf Seiten der Stadt wird an einer Verbesserung gearbeitet, doch es gibt Schwierigkeiten: Viele Kabel und Leitungen im Boden und die begrenzte Fläche im öffentlichen Raum sind der Hauptgrund, warum so wenig neue Bäume gepflanzt werden können. Der aktuelle Baumbestand ist teilweise schlecht auf die Veränderungen vorbereitet. So waren die Bäume auf dem Bahnhofsvorplatz beispielsweise regelrecht vom Regenwasser abgeschnitten. 

Hans Sifft vom Stadtbauamt, zuständig für die Grünflächen in Bad Kreuznach, hat das Pflaster an einigen Stellen bereits gegen eine wasserdurchlässige Decke austauschen lassen, sodass wenigstens etwas des Niederschlagswassers in die Baumscheiben gelangt. Viele solcher Maßnahmen wurden und werden umgesetzt, doch das reicht nicht aus, um die steigende Belastung - von zum Beispiel zu wenig oder plötzlich zu viel Wasser - abzufangen. Personal und Finanzmittel sind für diese Aufgabe knapp bemessen. Daher gilt es eine Strategie zu finden, wie die Stadtverwaltung bei ihrer Arbeit unterstützt und entlastet werden kann. Die Einbindung der Klimagemeinschaft in Prozesse, besonders zur Beteiligung, war daher ein zentraler Gesprächspunkt während des Rundgang.

Von entscheidender Bedeutung für den Erhalt der Bäume ist neben einem nicht zu niedrigen Grundwasserspiegel die Gestaltung und Pflege der Baumscheiben. Der Grundwasserspiegel kann stabilisiert werden, wenn möglichst viele Hauseigentümer dazu animiert werden, Regenwasser auf ihren Grundstücken versickern zu lassen und auch die Stadt alle Möglichkeiten der Entsiegelung von Flächen nutzt. 

Baumscheibenpatenschaften zur Rettung der Stadtbäume

Emanuel Letz schlug vor, die Bürgerinnen und Bürger über Baumscheibenpatenschaften an der Rettung der Bäume zu beteiligen. Um die Stadt bei der Ideenfindung, Planung und Umsetzung zu unterstützen, könnten Workshops ausgerichtet werden, die den ehrenamtlich engagierten Menschen wichtige Grundlagen und Planungsherausforderungen vermitteln. Hans Sifft als Ansprechpartner kann in der Folge zielgerichtete und realistische Vorschläge erhalten. 

Der Sprecher der Klimagemeinschaft, Klaus Philipp, schlug vor, dass die Stadt für die Koordination solcher Gesamtmaßnahmen eine Klimaanpassungsmanagerin einstellt. Sie könnte auch für die Beantragung von Fördermitteln aus öffentlichen Förderprogrammen sorgen. An den von Ehrenamtlichen betreuten Bäumen könnte mittels QR-Codes visualisiert werden, wer sich in welcher Weise um die Bäume verdient macht.

Auch das Vorangehen der Stadt als positives Beispiel und das Animieren von Nachahmern durch Informationsschreiben wurde als sinnvolle Strategie festgehalten. Eine Zusammenarbeit mit der Fachhochschule in Bingen, beispielsweise um eine Fassade des neuen Rathauses zu begrünen, brachte Oberbürgermeister Letz in den Austausch ein. Zu einer solchen Kooperation gab es bereits ein Gespräch.

Ehrenamtliches Engagement als Chance

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass Bad Kreuznach als Kurstadt einen vergleichsweise hohen vulnerablen Bevölkerungsanteil hat und daher einen hohen Bedarf an flächendeckender grüner Infrastruktur. Auf Luftbildern wird das Defizit deutlich: Im innerstädtischen Bereich fehlt es an Grünflächen, Bäumen und generell Klimaoasen – die sommerliche Hitzebelastung ist hoch. Die große Chance der Stadt könnte allerdings das breite ehrenamtliche Engagement sein, mit dessen Hilfe weitere Menschen angeregt werden können, sich für eine lebenswerte Stadt einzusetzen.

Exkurs zur Wirkung von Stadtgrün: Regenwasser kann vom Erdreich aufgenommen und bis zu einem gewissen Grad gespeichert werden. Die Pflanze nimmt das Wasser im Anschluss über die Wurzeln aus dem Erdreich auf und verdunstet es über die Blattfläche. Beim Verdunsten geht flüssiges Wasser in den gasförmigen Zustand über. Das Wasser nimmt bei diesem Prozess Wärmeenergie auf und kühlt dadurch die Umgebung ab. Das gleiche Prinzip liegt dem Schwitzen zu Grunde. Bei größerer Hitze und wegen der immer längeren Vegetationsperiode brauchen Bäume mehr Wasser. Der Klimawandel sorgt allerdings eher für weniger aber extremere Niederschläge. In kurzer Zeit kommen große Mengen Wasser vom Himmel, das meiste davon fließt direkt in die Kanalisation. Wenn dieses Regenwasser vom Boden aufgenommen werden kann, bringt das zum einen eine Entlastung der Kanalisation - Stichwort Überschwemmung - und zum anderen werden dadurch die Pflanzen ganz automatisch bewässert. Genau darauf zielt das Konzept der Schwammstadt ab: Regenwasser aufnehmen, zu speichern und der Stadtnatur zur Verfügung zu stellen.

Foto: Am Klimarundgang nahmen auch Oberbürgermeister Emanuel Letz und Klimaschutzmanager Rudolf Rohrbacher teil. Foto: Dr. Norbert Weißmann / Regionalbündnis Soonwald Nahe

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