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„Bürgerfreundlichs“ Truppe kämpft gegen das Müllmonster
Zustände „ungeheuerlich“: „Schorsch kannste kommen!“
In vielen anderen Städten sieht es nicht besser aus. In Ludwigshafen startet im Herbst ein Pilotprojekt gegen Müllsünder. Die Stadt überwacht die Hotspots wilder Müllentsorgung mit Videos, in Abstimmung mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Dieter Kugelmann. Im vergangenen Jahr kostet die Entsorgung des widerrechtlich abgelagerten Mülls (240,68 Tonnen) rund 345.000 Euro, Geld, das nicht in die Gebührenrechnung miteinfließt.
Georg Bürger ist ein fröhlicher und ausgeglichener Mensch, ansonsten wäre so ein Job in diesen Zeiten wohl auch nur schwer auszuhalten. Was ihn bei Laune hält und ihm Kraft gibt, ist sein „Top Haufen, seine Super Mannschaft“. Er ist stolz auf seine Jungs, die unermüdlich, ohne Murren täglich den Unrat einsammeln, und wenn es noch so stinkt.
In der Bevölkerung genießt Georg „bürgerfreundlich“ große Sympathien. „Schorsch, kannste kommen“, heißt es am Telefon, wenn mal wieder die Neustadt zugemüllt ist oder der Dreck wild rund um die 44 Glascontainer oder in anderen Ecken verteilt wurde. Das stete Abräumen der wilden Müllhaufen hält die Truppe so auf Trab, dass kaum Zeit für anderes bleibt. „Wir würden so gerne die 600 Papierkörbe, die auf das Stadtgebiet verteilt sind, mal wieder gründlich reinigen.“ Im Jahr 2020 fielen bei rund 100.000 Entleerungen 109 Tonnen Abfall an.
Jeden Tag sind drei Autos unterwegs. Die erste Schicht fährt die Stellen auf ihrer Route an, auf der sie den Sonderservice erledigt, die Mülltonnen raus und nach der Abfuhr wieder reinzustellen. Seit dem vergangenen Jahr bietet der Bauhof auch eine Reinigung der Biotonnen als Sonderservice an.
Die „vier Arschbacken immer freitags“ steht auf Bürgers Einsatzplan. Die schmale Fußgängerfurt zwischen Eiermarkt und Mannheimer Straße ist oft vollgestopft mit Müllsäcken. Fast 50 Abschnitte im ganzen Stadtgebiet sind auf dem Plan aufgeführt, wo und an welchen Tagen die Straßenreiniger unterwegs sind. Die Bürgersteigkehrmaschine hat im Jahr 2020 rund 5900 Kilometer Gehwege und Fußgängerzone gereinigt. Hinzu kamen ca.14.900 km Fahrbahnen.
28 Namen stehen auf dem Tableau, einer zu wenig, um den täglichen Ablaufplan komplett zu bewältigen. Dann fehlen noch Mitarbeiter wegen Krankheit und Urlaub. Wegen Corona mussten zeitweise vier Mitarbeiter gleichzeitig zu Hause bleiben. „Dann arbeiten wir nach Wichtigkeit die Aufgabenliste ab.“ An den Jahrmarktsfesttagen sind nicht nur auf der Pfingstwiese 22 Leute im Einsatz. In diesem Jahr wurden über 200 Mülltonnen und rund 50 Container gestellt. 2019 waren es über 40 Tonnen Müll, die abgefahren wurden. Außerhalb des Festgelände muss bis in die Neustadt, wo die Nachtbummler weiter feiern, saubergemacht werden – bis zum Morgengrauen. „Die Pfingstwiese muss bis spätestens 9.30 Uhr besenrein sein“. An den Wochenenden werden fünf Mann benötigt, um in der Innenstadt für „klar Schiff“ zu sorgen, dies gilt nicht nur an den Tagen, an denen Veranstaltungen sind.
Die Mitarbeiterwerbung ist heute alles andere als einfach. Für die großen Fahrzeuge braucht man einen Berufskraftfahrer-Führerschein. „Wer ist denn schon bereit dafür bis zu 12.000 Euro auszugeben?“
Der Chef kocht Kaffee - die Stimmung ist gut
Der Chef steht im Büro und kocht Kaffee für seine Leute. Es ist 4.30 Uhr und es sind noch 30 Minuten bis zum offiziellen Arbeitsbeginn. Fast alle sind schon da, sitzen vor der Tür lachen und frozzeln über den Kollegen Jürgen Henrich. Er hat sich einen blauen Anglerhut gekauft, mit dem er seinen kahlen Schädel vor den sengenden Sonnenstrahlen schützt. Er nimmt die Witzchen gelassen hin und kontert in rauer Herzlichkeit. Die Stimmung in der Truppe ist gut, so gut, dass man sich in der Freizeit zum Grillen oder zum Bowling trifft.
Punkt fünf Uhr steigen Christian Fetter, Michael Washington und Helmut Kiefer in den Wagen, den Eugen Baumbach steuert. „Wir haben eine Stunde Vorsprung“ sagt er. Denn um sechs Uhr rückt der Müllwagen des Abfallwirtschaftsbetriebes aus. Bis dahin müssen allen Mülltonnen am Straßenrand zum Leeren bereitstehen. Bürger können diesen Sonderservice beim Bauhof bestellen. Am Montag wird der Bioabfall im Süden der Stadt abgefahren. Es bleibt nur wenig Zeit für Gespräche. Helmut Kiefer ist Fußball-Schiedsrichter. Er hat am Tag zuvor bei der „grausamen Hitze“ im Salinental ein Vorbereitungsspiel gepfiffen. Auch der Heimspiel-Sieg des 1. FC Kaiserslautern zum Saisonauftakt in der Zweiten Bundesliga ist Thema. Nach und nach steigen die drei in ihren Straßenabschnitten aus.
Auch Fahrer Baumbach muss immer wieder raus um die Tonnen nach vorne zu rollen, mal aus dem Hof, mal ist es nur ein halber Meter vom Grundstück bis zum Bürgersteig. So richtig anstrengend ist der Job in der Innenstadt. Dort steht ein Großteil der Tonnen im Keller, die „rausgezerrt“ werden. „Das ist mein Fitness-und Sportprogramm“, sagt Baumbach. Auf dem Armaturenbrett steht eine kleine Schachtel mit Schlüsseln zum Öffnen der Keller. Nach knapp einer Stunde sammelt Baumbach die Kollegen wieder ein.
Nun werden die Glascontainer angefahren, leider Plätze. an denen ständig widerrechtlich Müll abgelagert wird. „Ein Wunder“, so der Kommentar als an den ersten Containern wenig bis gar nichts liegt. Doch das ändert sich noch. An den Glascontainern in der Baumstraße/Ecke Salinenstraße steigen alle vier aus, um den Unrat, der dort abgestellt wurde, auf die Ladefläche zu werfen. Gleiches Bild an den Containern am Parkplatz Wassersümpfchen. Altkleider, Teppiche, Essensreste , versch… Windeln………. Tag für Tag eine „Tour der Sauerei“.
Es geht wieder zurück zum Bauhof. Nach einer kurzen Kaffeepause sind die vier wieder auf Tour. Nun müssen die Tonnen, die geleert sind, wieder auf ihre Plätze zurück. Und bei der Gelegenheit müssen wilde Müllhaufen aus neue beseitigt werden. Alles geht vorne los.
Fixerblut spritzt an die Decken – Sauberkeit in öffentlichen WC-Anlagen ist Schwerstarbeit
Seit die Geschwister Uschi Fuchs und Siggi Müller sich um die Reinigung von sechs öffentlichen Toilettenanlagen in der Stadt kümmern, gibt es keine Beschwerden mehr. „Die sind so was von zuverlässig und fleißig, machen sogar kleine Reparaturen selbst“, ist Georg Bürger froh, die beiden in seiner Mannschaft zu haben. Uschi Fuchs und Siggi Müller bekommen auch viel Lob von Touristen und Gästen von außerhalb. „Selten so saubere Toilettenanlagen gesehen“. Aber dann hört es schon auf mit dem Positiven. Es ist erschreckend, wie respektlos und gleichgültig Zeitgenossen, die ihr Geschäft oder anderes dort verrichten, sich den beiden Menschen gegenüber verhalten, die den Dreck täglich wegwischen. Wände und Kloschüsseln mit Sch.. beschmiert, zerbrochene Klodeckel, zerschmetterte Urinale, Blutspritzer an Decken, die Fixer beim Entleeren ihrer Drogenspritzen hinterlassen. „Manche Drogenabhängige davon sind fast noch Kinder“, erzählt Uschi Fuchs. In ihrem Handy hat sie Fotos gespeichert, die keiner sehen möchte. Übel, Übel. Seit Jahrzehnten ist sie für die Sauberkeit verantwortlich, erst im Freibad Salinental und seit 13 Jahren in den öffentlichen Toilettenanlagen in der Stadt. Die Arbeitszeit geht von 10 bis 21 Uhr, bei dem einen von 10 bis 18 Uhr., bei dem anderen von 13.30 bis 21 Uhr. Oft sind sie zu zweit und werden dann von einem Dritten unterstützt, aus Schutz vor Menschen, die immer rabiater und aggressiver werden. Was Uschi Fuchs sich wünscht: „Schwarzlicht in den Toiletten, dass die Drogensüchtigen fernbleiben.“
Fuhrpark
- Drei Kehrmaschinen
- Zwei Papierkorbleerungsfahrzeuge
- Zwei Glutton`s Stadtsauger
- Zwei Pritschenwagen Sonderservice Mülltonnen und Einsammeln „wilder“ Müll
- Zwei Müllfahrzeuge - 3 x die Woche DSD -Abfuhr (Gelbe Säcke) und Glascontainer täglich
- Ein Handkehrer
- Ein Ranger + Wave Reinigung Bushallen, Brücken, Parkplätze, Graffitibeseitigung, wilden Müll einsammeln usw.
- Zwei Pritschenwagen für Reinigung allgemein, mähen
- Zwei Sinkkastenfahrzeuge zur Leerung der Straßeneinläufe
Großes Foto: Nix wie enunner der anderen Art: Jahrmarktssonntag um 6.51 Uhr auf der Pfingstwiese. Foto: Bauhof