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Aus dem Sperrmüll in Cincinnati gerettet
Familienbibel eines Auswanderers in die USA wieder in Planig – Brief von 1843
„Eine unglaublich tolle Geschichte“, die Professor Fuchs erzählte. Fuchs, Professor für Geographie, arbeitete in seiner Assistentenzeit 18 Monate an der Universität in Cincinnati. Dort lernte er einen holländischen Kollegen kennen, der ihm eine alte deutsche Bibel zeigte, die er aus dem Sperrmüll gezogen hatte. Fuchs („Ich bin kein Historiker“) fand dies so spannend und interessant, dass er die Bibel mit nach Hause nahm. Viele Jahre später machte er sich auf die Suche nach den Besitzern und wurde letztendlich über die Vermittlung von Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann in Planig fündig. Diese hatte sich mit Ortsvorsteher Dirk Gaul-Roßkopf in Verbindung gesetzt, der die beiden Bungerts ausfindig machen konnte.
Zum Termin der Übergabe hatten die beiden den Originalbrief mitgebracht, den der Auswanderer Valentin Lauermann im Oktober 1843 seinem Bruder Simon (Ur-Ur-Großvater der Bungerts) nach Planig geschickt hatte. Der Landwirt hatte sich in der Umgebung von Cincinnati Wald und Äcker gekauft und schwärmte von den Freiheiten, die die Menschen dort genossen. „… Vollkommene und höchst liberal, freie Denkungs- und Redensart“. Außerdem schreibt er: „Alle Deutsche, 18 an der Zahl, die hier ganz in der Nähe wohnen legen sich Weinberge an.“ Bittere Armut und Unterdrückung durch die preußische Obrigkeit waren die Ursachen für eine massenhafte Auswanderung Mitte des 19. Jahrhunderts.
Cincinnati war in den USA eine Stadt, in der sich besonders viele Deutsche niederließen. Auf dem alten Friedhof gibt es von Müller bis Maier noch viele deutschen Namen. Heute noch stehen viele deutsche Straßennamen, die ins Englische übersetzt wurden, für dieses Kapitel der Auswanderungsgeschichte. Die Brauereien waren fest in deutscher Hand, die Auswanderer hochgeachtet und respektiert. Das änderte sich mit dem Ersten Weltkrieg. Aus Freunden wurden Feinde. Das wirkte sich auch auf das Verhältnis zwischen den „Eingeborenen“ und „Neubürgern“ negativ aus. Nachforschungen der Planiger Lauermanns (Bungert) in Cincinnati, ob dort noch Verwandte leben, führten zu keinem Ergebnis.
Eine Frage beschäftigte die Gesprächsrunde ganz besonders. Warum nimmt man eine so schwere und sperrige Familienbibel mit, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Auswanderer auf die Seereise in die Vereinigten Staaten nur ganz wenig Gepäck mitnehmen durften. „Die Bibel war ein wichtiger Bezug zur alten Heimat und ein moralischer Halt in der Fremde“, so Franziska Blum-Gabelmann.
Foto: Professor Dr. Markus Fuchs (rechts) brachte die Familienbibel ins Haus der Stadtgeschichte und überreichte sie den Nachfahren des Auswanderers, Rosemarie Bungert-Niklas (2.v.l.) und Helmut Bungert (3.v.l.). Bei der Suche nach den Adressaten waren Franziska Blum-Gabelmann und Dirk Gaul-Roßkopf behilflich.