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1. Platz beim wettbewerb Ehrenamt 4.0
Bad Kreuznacher Jugendreporter im Interview mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer
- Welche Aufgaben erfüllen Sie in Ihrem Beruf?
Im Augenblick bin ich eigentlich 24/7 Krisenmanagerin, damit Rheinland-Pfalz stark aus der Corona-Krise hervorgeht. Grundsätzlich bin ich als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Chefin der Landesregierung und bestimme die Richtlinien der Politik. Im politischen Alltag in einer Koalition aus drei Partnern heißt dies, sehr viel miteinander reden und sich abstimmen, um gute Entscheidungen für das Land und seine Menschen zu treffen. Mein Herzensanliegen ist vor allem die gute und gebührenfreie Bildung von der Kita bis zum Meister und zur Hochschule. Dass es den Menschen in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft gut geht, das ist mein Antrieb, meine Motivation.
- Wie anstrengend ist Ihr Beruf?
Der Beruf ist schon sehr anstrengend. Am meisten Spaß machen mir nach wie vor die Gespräche und Begegnungen mit den Menschen, Bürgern und Bürgerinnen, aber auch mit Vertretern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, wie Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Medien oder Sport. Gleichzeitig gibt einem ein solches Amt die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen das Leben der Menschen, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen konkret zu gestalten. Das ist eine große Verantwortung, aber auch sehr erfüllend.
- Welches war Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Deutsch und Sozialkunde habe ich immer sehr gerne gemacht. Nachdem ich ein Jahr als Austauschschülerin in Kalifornien war, hatte ich auch sehr großen Spaß an Englisch.
- Was sind Ihre Hobbys?
Als Ministerpräsidentin habe ich ziemlich wenig Freizeit. Aber wenn meine Zeit es erlaubt, bin ich gerne mit meinem Mann in der Natur unterwegs. Ich treffe mich auch sehr gerne mit Freunden oder gehe ins Kino; aber das ist natürlich wie bei allen anderen in der aktuellen Corona-Pandemie nur sehr eingeschränkt möglich.
- Haben Sie ein Haustier?
Leider nein. Momentan fehlt mir einfach die Zeit, mich gut um ein Tier zu kümmern. Aber wenn ich ein Haustier hätte, wäre es wahrscheinlich ein Hund, weil ich Hunde sehr mag.
- Kennen Sie alle Straßen von Mainz?
Von 1997 bis 2002 war ich Dezernentin für Soziales, Jugend und Wohnen der Stadt Mainz. Ich kenne mich also ganz gut aus – aber alle Straßen kenne ich natürlich auch nicht. Dafür viele nette Cafés.
- Was verbinden Sie mit Bad Kreuznach?
In Bad Kreuznach war ich nach meinem Jura-Studium zunächst als Staatsanwältin tätig (1991) und später, am 18. Mai 1995, wurde ich zur Bürgermeisterin der Stadt gewählt. Bad Kreuznach ist eine schöne Stadt mit vielen liebenswerten Menschen.
- In Rheinland-Pfalz nimmt Corona stark zu. Was tun Sie, um dem entgegenzuwirken?
Meine Landesregierung und ich, wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir in Rheinland-Pfalz die Infektionszahlen senken können. Zusammen mit dem Bund, den Kommunen und vielen Experten beraten wir intensiv und mehrmals in der Woche darüber, welche Maßnahmen sinnvoll sind. Denn wir müssen alles dafür tun, damit die Klinken nicht so voll werden, dass nicht mehr alle Kranken gut behandelt werden können. Deswegen appellieren wir auch immer wieder an die Menschen, ihre Kontakte zu reduzieren und die AHA-L Regeln einzuhalten.
- Wie entscheiden Sie sich, wenn die Entschlüsse der Bundesregierung anders sind als die, die Sie getroffen hätten?
Kompromisse zu finden ist wichtig, es ist eine Königsdisziplin der Demokratie.
- Was ist Ihre Meinung zum Lockdown?
Es war eine sehr schwere Entscheidung, Gaststätten, Kultureinrichtungen und jetzt auch den Handel und vieles mehr erneut zu schließen. Jedoch ist dieser zweite Lockdown notwendig geworden, weil die Infektionszahlen so sehr gestiegen sind. Wir müssen unbedingt verhindern, dass sich Corona weiter so stark und unkontrolliert ausbreitet.
- Wie haben Sie die Pandemie erlebt? Hat sich viel für Sie verändert?
Die Pandemie hat auch meinen Alltag komplett verändert. Auch ich vermisse Kontakte zu meinen Verwandten und Freunden. Meine Mutter, die in einem Seniorenheim lebt, konnte ich lange gar nicht besuchen. Das war sehr traurig. Und meine Arbeit hat sich ebenfalls stark verändert. Alles fokussiert sich auf die Bewältigung der Corona-Krise: Ich stehe mit der Pandemie auf und gehe mit ihr ins Bett.
- Was denken Sie über den Klimawandel? Wie können wir die Zukunft gemeinsam gut gestalten? Die Wälder in Deutschland werden vernachlässigt. Die Klimaaktivisten werden seitens der Polizei hart angegangen. Wie können wir gemeinsam für den Schutz der Wälder einstehen?
Der Klimawandel und der Schutz der Wälder sind eine zentrale Herausforderung. Was Klimawandel heißt, können wir am Waldzustand ablesen. Deswegen ist die Landesregierung entschieden im Kampf gegen den Klimawandel und gegen das Waldsterben. Der Wald ist nicht nur unsere grüne Lunge, er ist auch die größte CO2-neutrale Industrie, die wir haben. Der Wald liefert Sauerstoff und bindet das klimaschädliche CO2. Wir brauchen den Wald. Da Klimaschutz der beste Waldschutz ist, setzt sich Rheinland-Pfalz für Erneuerbare Energien ein. Im Ländervergleich ist Rheinland-Pfalz führend bei der Nutzung der Windenergie im Wald. Ende 2019 waren es 452 Windturbinen, die sich auf Waldflächen in Eifel, Hunsrück, Westerwald und Taunus drehten. Das ist ein Beispiel unter ganz vielen Maßnahmen, die wir ergreifen, um die Klimawende zu schaffen.
- Was war Ihre schwierigste Regierungsaufgabe?
Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist eine sehr große Herausforderung, die mit keiner anderen Aufgabe vergleichbar ist.
- Haben Sie eine politische Entscheidung schon bereut? Wenn ja, welche und wieso?
Nein, bereut habe ich bisher keine Entscheidung.
- Wie empfinden Sie es, dass der erste viel versprechende Impfstoff aus Mainz kommt? Werden wir in Rheinland-Pfalz nun weltweit für medizinische Innovationen bekannt sein und wird dies Landesregierung mehr in diesen Bereich investieren?
Ich bin sehr stolz, dass der erste Impfstoff in Rheinland-Pfalz entwickelt wurde. Das war auch möglich, weil wir hier die Rahmenbedingungen geschaffen und die Wissenschaft gefördert haben. Die Erfolgsgeschichte von BioNTech ist aufs engste mit dem Wissenschaftsstandort Mainz und dem Forschungsland Rheinland-Pfalz verbunden – und natürlich mit den Namen von Herrn Professor Sahin, Frau PD Dr. Türeci und Herrn Professor Huber. Herr Prof. Sahin war ab dem Jahr 2000 zunächst an der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik beschäftigt und ist derzeit am Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz tätig. Das Land hat diese Entwicklungen immer auch durch entsprechende Förderungen eng, mit langem Atem und jenseits kurzfristiger Programme begleitet. Auch in Zukunft werden wir in diese mutigen Forschungsfelder investieren.
- Wir würden gerne ein Jugendparlament gründen. So möchten wir uns mit Jugendlichen in der ganzen Welt verbinden und möchten auch, dass unsere Meinungen in der Politik besser berücksichtigt werden. Würden Sie uns hierbei unterstützen
Ich finde das toll, dass Ihr vorhabt, ein Jugendparlament zu gründen! Das ist eine wichtige Möglichkeit, Euch stellvertretend für Kinder und Jugendliche in Eurer Kommune/Stadt einzubringen und dort die Euch wichtigen Bedarfe und Anliegen zu nennen und auch bei politischen Entscheidungen mit einbezogen zu werden. Zur neuen Gründung eines Jugendparlaments gibt es Informationsmaterial und Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen, die ich Euch nennen kann.
- Die älteren Männer von der AfD benötigen viel Aufmerksamkeit, das sehen wir öfter im Stadtrat in Bad Kreuznach, wo sie unsere Vertreter gerne angreifen, wie können wir als Gesellschaft dieses Problem lösen?
Als erstes: Lasst euch nicht einschüchtern. Das Thema ist mir außerordentlich wichtig. Wir haben in 2020 einen Regierungsschwerpunkt „Miteinander Gut Leben - Rheinland-Pfalz gegen Hass und Hetze“. Die AfD radikalisiert sich weiter. Aus Sicht des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, wird sie „immer extremistischer“. Diese Einschätzung muss auch den Umgang mit ihr bestimmen.
Unsere Demokratie ist kein Naturgesetz. Sondern sie wurde einmal erkämpft und sie kann auch wieder verschwinden, wenn wir nicht um sie kämpfen. Wir müssen die Demokratie gegen Angriffe von rechts verteidigen. Hass und Hetze dürfen keinen Raum einnehmen, das ist die Verantwortung von uns allen, dagegen aufzustehen und unsere freiheitliche Werteordnung zu vertreten. Der Appell gegen Hass und Hetze heißt ganz konkret: 1) Wir widersprechen, wenn einzelne verächtlich gemacht werden. 2) Wir schätzen Meinungs- und Pressefreiheit als hohes Gut. Das heißt aber auch, dass sich niemand für Hass und Hetze auf das Grundgesetz berufen kann. 3) Und wir stellen uns aktiv dagegen, wenn Menschen angefeindet werden.
- Welche Wünsche haben Sie für unsere Zukunft?
Derzeit konzentriere ich mich mit aller Kraft darauf, dass wir alle in Rheinland-Pfalz gut durch diese Pandemie kommen. Dabei geht es vor allem um die älteren und kranken Menschen, die wir besonders schützen müssen, aber auch um die jungen Leute, die im Moment auf Vieles verzichten müssen. Mein Ziel ist es, alle Menschen im Blick zu halten und gute Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Wir brauchen gegenseitige Solidarität und Achtsamkeit.
Foto: Malu Dreyer, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz