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Mietführerschein: Praktische Lebenshilfe für Schutzsuchende
In den Räumen des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses trafen sich die Teilnehmerinnen an fünf Freitagen, um jeweils zwei Stunden für den Mieterführerschein zu büffeln. „Mülltrennung und Sperrmüll sind zum Beispiel Themen, die hier besprochen werden, aber auch praktische Fragen, zum Beispiel zur Haftpflicht- oder Hausratversicherung“, erläutert Trainer Uwe Metzroth die umfangreichen Inhalte des Kurses. Zum Abschluss verfasste jede Bewerberin eine Präsentationsmappe, mit der die Frauen konkret auf Wohnungssuche gehen.
Dass es neben der Vermittlung von Grundlagen auch mit viel Humor zugeht, ist Teil des Konzepts und pädagogisch sehr erwünscht, erläuterte Susanne Syren, Koordinatorin im Projekt „Aktiv für Flüchtlinge.“ Ein Arbeitsbuch aus Bayern, das von den Trainern speziell auf den Zielwohnort Bad Kreuznach und Umgebung angepasst wurde, lehrt Kapitel für Kapitel das richtige Vokabular und die wichtigsten Themen rund ums Wohnen. Geübt wird die konkrete Situation in einem Rollenspiel – und zwischendurch bleibt immer Zeit fürs Nachfragen. Oft schreiben die Frauen das somalische hinter das passende deutsche Wort und prägen sich so den Wortschatz ein.
Dabei kommt den Kursteilnehmerinnen zugute, dass mit Ifrah Yusuf eine Co-Trainerin gewonnen wurde, die neben Arabisch auch Somali spricht. Die in Syrien und Somalia aufgewachsene Mikrobiologin floh vor sieben Jahren selbst vor dem Krieg nach Deutschland. Sie übersetzt die Lerninhalte und beantwortet die Fragen der Kursteilnehmerinnen. „Viele kennen gewisse Regeln nicht, zum Beispiel, dass in Deutschland Müll getrennt wird, oder dass es Kündigungsfristen für eine Wohnung gibt.“ Oder dass jedes Haus, auch die Mietshäuser der Gewobau, eine Hausordnung hat. Sein Gegenüber nicht einfach mit „Du“ anreden und ihm dadurch Respekt zeigen – solche Kleinigkeiten sind den Frauen oft nicht bewusst, denn auf Somali gibt es kein Wort für das europäische, höfliche „Sie.“
„Die Sprache ist das Wichtigste“, sagt Ifrah Yusuf aus eigener Erfahrung, „man muss versuchen, sie ein bisschen zu lernen.“ Und so werden Szenen einer Wohnungsbesichtigung nachgestellt. Auf Deutsch fragen sich die Frauen durch und machen ihre Wünsche klar. Allen ist bekannt, dass es angesichts des aktuell knappen Wohnungsangebots auch in Bad Kreuznach nicht ganz einfach ist, eine Wohnung zu finden. „Aus der letzten Gruppe hat eine Frau dank ihrer Teilnahmebescheinigung eine Wohnung in Idar-Oberstein gefunden.“ Aktuell suchen sieben der 15 Frauen eine Wohnung in Bad Kreuznach und Umgebung.
Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer freute sich über die zufriedenstellenden Ergebnisse und überreichte jeder Dame persönlich eine Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme am Kurs. Auch Karl-Heinz Seeger, Geschäftsführer der Gewobau, lobte das große Interesse der Frauen. Gerade im Bewerbungsprozess für eine Wohnung sei es wichtig, sich mit dem Thema Miete auch persönlich auseinanderzusetzen. Nicht nur für die Gewobau habe das Vorteile: „Das, was die Frauen hier lernen, müssen wir dann später nicht mehr thematisieren.“ Ein Grund, weshalb die Gewobau erstmals auch die Kosten für das Trainer-Tandem Metzroth-Yusuf übernimmt.
Der Mietführerschein ist für die Frauen mehr als nur ein Kursus in Sachen Wohnen. Es ist ein Meilenstein auf dem Weg in ein selbstständiges Leben in der neuen Heimat. „Ich sehe zwar fremd aus, aber ich habe diese Bestätigung und es zeigt, ich kann mehr“, beschreibt Trainerin Ifrah Yusuf den Effekt. Übrigens, dass nur Frauen an dem Kurs teilnehmen und keine Männer, liegt am gelernten Rollenverständnis: „In Somalia ist traditionell die Frau zuständig für Haus und Miete.“
Info:
Wer einen Mieterführerschein-Kurs belegt hat, erhält auch danach Hilfe vom Arbeitskreis „Wohnen“. Ehrenamtliche Helfer und Helferinnen begleiten die Frauen auf Wohnungssuche und gehen mit ihnen Mietverträge und Papiere durch. Mehr Auskunft erteilt Susanne Syren, Tel: 0671 483 77 99, Aktiv für Flüchtlinge, Pfarramt für Ausländerarbeit, Kurhausstr. 155543 Bad Kreuznach
15 somalische Frauen haben den Mietführerschein bestanden. Das Angebot aus dem Projekt „Aktiv für Flüchtlinge“ wurde erstmals von der Gewobau gesponsert. Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer (rechts, vorn) und der Geschäftsführer der Gewobau, Karl-Heinz Seeger, gratulierten den Teilnehmerinnen.
Text und Foto: Gewobau