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Der Opfer der Nationalsozialisten gedacht – Würden heute mehr Menschen aufbegehren?
„Die Würde des Menschen ist antastbar. Nirgendwo wurde dieser Nachweis gründlicher erbracht als in Deutschland“. Die Oberbürgermeisterin erinnerte an das millionenfache Morden der Nationalsozialisten an Juden, Sinti und Roma, „versklavten Slawen“, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, Homosexuellen, Jehovas Zeugen und anderer Menschen, die wegen ihrer religiösen und politischen Überzeugungen von der nationalsozialistischen Ideologie zu Feinden erklärt, verfolgt und vernichtet wurden. Die OB erinnerte zudem auch an die Kranken und Hilflosen, die aus Sicht der NS-Machthaber als „Lebensunwerte“ im sogenannten „Euthanasieprogramm“ ermordet wurden.
Nach 1945 wurde nur ein kleiner Teil beteiligter Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern vor Gericht gestellt. Viele Verfahren endeten wegen Verjährung und dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten mit Freisprüchen. Die Akten des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses hat die Unesco im vergangenen Jahr zum Weltdokumentenerbe erklärt. Der 1963 bis 1965 verhandelte Prozess, mit 22 Angeklagten wegen Mord und Beihilfe zum Mord, gilt als entscheidend für die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
„Was uns heute noch bleibt ist die quälende Frage, was hätte verhindert werden können, wenn mehr Menschen aufbegehrt und zu ihren eigenen ethischen Prinzipien geständen hätten?“ Für Heike Kaster-Meurer eine weiterhin aktuelle Frage, die sie so zum Abschluss ihrer Ansprache formulierte: „Was uns heute noch bleibt ist die quälende Frage: Heute – würden heute mehr Menschen aufbegehren und zu ihren eigenen ethischen Prinzipien stehen?“
Mit ihren Schülerinnen und Schülerin des Leistungskurses „Geschichte“ (MSS-Jahrgangstufe 12) besuchte Eva Wolff im August vergangenen Jahres die Gedenkstätte des KZ Auschwitz in Polen. „Lange haben wir uns auf diese Fahrt vorbereitet. Lange hat sie nachgewirkt. Denn nirgendwo lassen sich Mechanismen und Ausmaß der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie so eindrücklich vermitteln wie am Ort des Geschehens. An einem der Orte des Geschehens.“
Auch sie betont, wie wichtig es ist, dass junge Menschen sich mit dem Nationalsozialismus und seinen Konsequenzen auseinandersetzen. „Ich bin Geschichtslehrerin geworden, weil dieses Fach viele Möglichkeiten bietet, Schüler in ihrer Entwicklung hin zu mündigen und kritischen Bürgen zu unterstützen. Im Geschichtsunterricht lernen sie als Ausgangspunkt für jede Auseinandersetzung mit Geschichte Fragen zu formulieren. Fragen, die sich oft nur zum Teil beantworten lassen. Die Frage, wie es zu „Auschwitz“ kommen konnte, kommt in jedem Geschichtsunterricht auf. In keinem kann sie beantwortet werden. Auch nicht nach dem Besuch eines Konzentrationslagers. Gestellt werden muss sie trotzdem. Warum? Weil Auschwitz und alles, wofür es steht, mit dem 27. Januar 1945 eben nicht zu Ende war.
Bis heute nicht. Und hierbei denke ich nicht nur an die immer kleiner werdende Gruppe jener, die das Martyrium des Lageraufenthaltes überlebten und uns bis heute als Zeitzeugen zur Verfügung stehen. Hierbei denke ich auch an jene Menschen, die heute, im 21. Jahrhundert unter Bedingungen leben müssen, unter denen Menschen in einer Zeit nach Auschwitz nicht mehr leben müssen sollten.“
Den über 100 Teilnehmern der Gedenkveranstaltung berichtete Schülerin Annika Markus vom Besuch der Gedenkstätte: „Was mich am meisten beeindruckt hat, war ein Gebäude, in dem sämtliche persönliche Gegenstände der Häftlinge ausgestellt wurden. So befanden sich in einem Raum Berge und Berge von Haaren, die den Opfern vor den Gasduschen abrasiert wurden.
Es ist unvorstellbar, was zu Zeiten des Holocausts unschuldigen Menschen zugefügt wurde, aber dennoch darf diese schreckliche Vergangenheit nie in Vergessenheit geraten. Unser Kurs hat auch Tage nach der Reise über das Gesehene noch gesprochen und auch heute noch weiß ich, dass uns diese Fahrt tief als Individuen geprägt hat.
Insgesamt hilft die Ausstellung dabei, das Geschehene für immer zu konservieren und deshalb kann ich jedem nur raten, der die Möglichkeit hat, eines der Konzentrationslager zu besuchen, dies auch zu tun. Denn solche schrecklichen Dinge dürfen niemals wieder passieren…“
Der Schüler Niklas Illin ließ die Menschen am Mahnmal in der Kirschsteinanlage an seinen Gefühlen teilhaben, die er während und nach dem Besuch von Auschwitz empfand:, „Mein Kopf war sprachlos“, die Fassungslosigkeit angesichts der Zahl der Opfer. Die Zahl von sechs Millionen Menschen, die gequält, gefoltert und vergast wurden, hat „meine Vorstellungskraft überfordert“.
Foto: Mit Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums am Römerkastell und deren Geschichtslehrerin Eva Wolff gedachte Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer der Opfer des Nationalsozialismus am Mahnmal Kirschsteinanlage. Fryderyk Jona begleitete mit Sopransaxophon und Klarinette die Gedenkfeier musikalisch. Mit ihrem Banner waren wieder Schüler der IGS Sophie Sondhelm präsent.