In 60 Jahren Ehe Liebe und die Leidenschaft für den Radsport: Chani und Christa Lippert


Für ein Foto vor der Radfahrerwand hat Chani senior seinen Renner mit aus dem Haus genommen einen „flotten Oldtimer und blaues Leichtgewicht“ aus dem Jahr 1984, der den Namen des italienischen Radweltmeister Gianni Motta trägt und von Lippert bestens gehegt und gepflegt wird. Der 82-jährige gehört zur mittleren Generation der erfolgreichen Radrennfahrer in der Familie Lippert. Vater Heinrich fuhr mit anderen Größen aus dem Radsportverein „Germania“ Bad Kreuznach, Gustav Schwarzmann, Eitel Drosse, Ludwig Hangen, in den 20er- und 30er-Jahren bei den Gaumeisterschaften Mittelrhein ganz vorne mit. Eine Ehrenurkunde von Reichpräsident von Hindenburg unterschrieben, weist  Heinrich Lippert als Zweiter beim 100 Kilometer-Zeitfahren bei den Wettkämpfen zum Verfassungstag 1931 aus.

Die meisten der stattlichen Siegestrophäen, die einen Ehrenplatz im Hause Lippert haben, hat Enkel Chani gesammelt. „Der Bub war ein großes Talent. Da hatte auch Björn, der Sohn von Didi Thurau, keine Chance“, schwärmt der Opa, der mit dem Buben drei bis vier Mal in der Woche ein Trainingspensum von jeweils 30 bis 40 Kilometer absolvierte. Chani Schäfer startete für den VfL Bad Kreuznach und gewann bei dem Deutschland-Klassiker, dem Rad-Rennen rund um den Henninger-Turm in Frankfurt, in seiner Altersklasse. Ständige Rückenschmerzen durch zu schnelles Wachstum  bewogen ihn dann im Alter von 14 Jahren den Radsport aufzugeben.

Chani senior denkt gerne und wehmütig an seine eigene Sportzeit zurück, an die Stadtmeisterschaften mit der Strecke Kreuznach-Bosenheim-Hackenheim-Bad Kreuznach, an die vielen Rennen in Koblenz, Ahrweiler, Wiesbaden und an viele gute Bad Kreuznacher Radsportler:  Werner Hänsgen, Hans Twellmann, Max Wallraf, Heinz und Erich Kiefer, Rolf Henßler, Werner Laubersheimer, Günter Orben ….  Unter all den Top-Fahrern war Lippert der „beste Bergfahrer. Da ist mir keiner fortgefahren“.

Von Servicewagen und weiterem Komfort für die Sportler konnte man damals nur träumen. „Wir sind mit dem Rad zu den Rennen gefahren und danach wieder direkt zurück, wir hatten noch nicht mal Zeit an den Siegerehrungen teilzunehmen.“

Professionellere Bedingungen hatte Lippert dann in den 80er-Jahren. Vor den Rennen gab es Trainingslager auf Mallorca und Italien. Lippert war so fit, dass er in seiner Altersklasse bei einem Weltcup-Rennen in St. Johann (Österreich) als bester Deutscher im vorderen Feld  landete. Für ihn hätte es immer so weiter gehen können, doch dann hatte er 1992 bei einem Rennen in Cesenatico (Italien) einen sehr schweren Unfall. Ein Flugzeug des ADAC stand in Deutschland schon bereit zum Abflug. Doch aus Flugangst ließ sich Lippert  „völlig eingegipst“ mit einem Spezialfahrzeug nach Bad Kreuznach bringen. Dort musste man ihm im Krankenhaus erstmal „mit einer „Trennscheibe den Gipspanzer über dem Bauch aufschneiden“, so Lippert.  Die Diagnose ergab schwere Wirbelbrüche. Nur hauchdünn entging er der Querschnittslähmung. Eine Operation war unmöglich, so dass man ihn wieder eingipste. Danach musste er noch eine lange Zeit ein Stahlkorsett von der Hüfte bis zum Hals tragen. „Die Zeit der Rennen war vorbei“, sagt Christa Lippert und schaut liebevoll, aber auch ein wenig streng, ihren Mann an. Denn in den Füßen juckt Chani Lippert der Radsport  noch heute. Auch nach zwei Hüftoperationen schaut er andächtig auf seinen Renner schiebt ihn wehmütig in den Hausflur und denkt sich, wenn ich ihn nur mal wieder einfach so fahren könnte…. 

 Text und Fotos Hansjörg Rehbein


Fotos unten: Der gut gefüllte Trophäenschrank von Chani senior und junior steht im Keller.  Ehrenurkunde aus dem Jahr 1931, von Hindenburg unterzeichnet.

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