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Ellerbachbrücke hat viele Hochwasser überstanden – „erschröckliche Wasser-Fluth“ 1725
Hier ein Auszug aus dem Vortrag von Rolf Schaller: Johann Christian Heuson war es, der eine Denkschrift mit dem langen Titel: „Ausführliche und ordentliche Beschreibung der in hießigen Landen erschröcklichen und fast noch nie erhörten Wasser-Fluth zu Creutzenach und in denen meistens umb diese Stadt gelegenen Dorffschafften, die bey einem entsetzlichen Donner-Wetter auff dem Sontag Exaudi, welcher war der 13. May 1725, durch einen Wolcken-Bruch verursachet worden“ verfasste. Der Bericht fand damals im gesamten deutschsprachigen Raum Verbreitung.
Vorab beschreibt Heuson die Stadt „Creutzenach“: „Auf der Mittagsseite [im Süden] vom Berg herab fliesset der berühmte Fluß, welchen einige die Nahe oder Nohe nennen, sammt einem zerstörten Schloß auf dem Kautzenberg. Und von Nord-Westen kommen aus dem Gebürge zwey Bäche herab, deren die eine die Weinsheimer Bach [der Ellerbach], die andere die Walhäuser Bach [der Gräfenbach] genennet wird, welche beyde nahe an der Stadt in die Nohe fliessen“.
Heuson schildert, dass sich am „Sontag Exaudi“, also am 13. May 1725, gegen 5 Uhr abends plötzlich der Himmel verfinsterte. „Um die sechste Stunde Abends erhub sich in der Lufft ein entsetzliches Toben und Brausen der Winde und das Ungewitter mit unerhörten Donnerschlägen, Blitzen und Platz-Regen begann zu wüthen, biß die Eller- und Walhäuser Bäche, die sonst gar wenig Wasser mit sich führen, dermassen angeschwollen, daß es zwar eine starcke Fluth von den Bergen herab gewelzet, aber, wann es dabey geblieben, so grausamen Schaden nicht verursachet hätte, als wie hernach geschehen“.
An der heutigen Hüffelsheimer Straße lagen nämlich damals der Holzhof [eine Bau- und Lagerstätte für das städtische Bauholz] und unterhalb davon die Ziegelhütte und bachaufwärts die beiden Ölmühlen. Unglücklicher Weise nahm die Flut genau diesen Weg. Beim „Holtz-Hoff“ rissen die Fluten „700 Klaffter Holtz“ mit, dann ruinierte das Hochwasser die „Ziegel-Hütte“, zerstörte die obere Ölmühle völlig und danach ereilte die untere Ölmühle das gleiche Schicksal. Die Fluten samt dem mitgerissenen Holz und der Bäume schossen nun auf die Ziegelbrücke zu.
Heuson schreibt: „Es hatte sich gleichsam das tobende Gewässer vorgenommen, nichts, was im Wege wäre, zu verschonen, auch nicht die erste Brücke über die Weinsheimer Bach, welche drey kleine Bögen hat [also die Ziegelbrücke]. Die Fluth war so starck, daß die Bäume und das Klaffter-Holtz die zwey Kräntzen der Brücke [die Brüstungsmauern] mit sich hinweg rissen und die Steine unter der Brücke zerstreuet liegen. Endlich stürmte die Wasser-Fluth als näher auf die Stadt los und kam an die sogenannte Zwingel-Brücke, die zwey Bögen hat, aber zwey Stockwerk hoch lieget“ [die Zwingelbrücke, das ehemalige Wassertor, lag also so hoch, dass ihr das Hochwasser nichts anhaben konnte]. „Hernach“, so Heuson, „brandete die Flut an die Stadt-Brücken, worauf etliche Häuser stehen“ [also die Brücke Mannheimer Straße].
Nach Heuson war die Häuserbrücke im Jahr 1725 also schon bebaut. Weiter heißt es in der Denkschrift: „Die Brücke schiene, als wollte sie die Stadt defendiren [verteidigen] und der Wasser-Fluth einen anderen Weg zeigen, damit die Stadt vom Unglück möchte befreiet bleiben, wie denn die aus der Erden gerissene Bäume, das Thor des Holtz-Hoffes samt vielen tausend Brettern, die Menge des Gebüsch- und Gesträuches auch das ihrige mit beytrugen, die Stadt zu secundiren [ihr beizustehen] und gleichsam allhie ein Bollwerck aufrichteten. Es funde auch die Gewalt des Wassers einigen Wiederstand, so daß es über Hauß hoch angeschwollen war“.
D.h. an den drei engen Durchlässen der Häuserbrücke im Zuge der Mannheimer Straße staute sich die Flut haushoch bis zur Zwingelbrücke zurück. Gegen 9 Uhr abends wurde dann die Stadtmauer oberhalb der Zwingelbrücke unterspült und schließlich von den Wassermassen auf einer Breite von „ohngefähr hundert Schuh“ (ca. 30 m) eingedrückt. Mit ungeheurer Wucht schoss die Flut nun durch das Gerberviertel, durch das Karmeliterkloster [an der Nikolauskirche] und die Säugasse [die heutige Magister-Faust-Gasse]. Gegen 10 Uhr abends schließlich bahnte sich die Flut einen Weg durch die Stadtmauer in die Nahe und „schmieß“, wie es heißt, „zwischen der Fischer-Gaß und dem Butter-Faß ein Stück der Stadt-Mauer auf 40 biß 50 Schuh lang [ca. 12-15 m] über den Hauffen“. Viele Häuser in der Gerber- bzw. Säugasse wurden völlig zerstört oder doch zumindest schwer beschädigt. Allein in der Stadt Bad Kreuznach ertranken 31 Menschen in der Flut.
„Die Hauserbrücke über den Ellerbach hat über sieben Jahrhunderte ungezählte Hochwasser und kriegerische Auseinandersetzungen einschließlich der beiden Weltkriege überstanden“, so Rolf Schaller, der darauf verwies, dass die Brücke ebenso oft instandgesetzt werden musste. Die Häusergruppe auf der Ellerbachbrücke steht unter Denkmalschutz. Am linken der beiden Pfeiler - auf der bachabwärts gelegenen Seite - belegt ein Grundstein mit der Aufschrift „A. Stabel 1842“ das Datum des damaligen Neubaus des Brückenhauses Mannheimer Straße 45.
An der nächsten Station der Reihe „Geschichtshäppchen“ am Donnerstag, 5. März, 17.45 Uhr, fragt Claudia Frey „Wo wohnt Maler Müller?“ und folgt den Spuren des jungen Künstlers rund um sein Elternhaus. Treffpunkt Mannheimer Straße 54.
Foto: Auf der Häuserbrücke über den Ellerbach, vor dem Haus Mannheimer Straße 45, nahm Rolf Schaller seine Zuhörer auf die Zeitreise zum 13. Mai 1725 mit, an jenem Tag gab es an der Ellerbachbrücke ein schweres Hochwasser. Ehefrau Else Schaller zeigt den alten „Stadtmauerplan“.