Turmuhrmacher Grossarth begründete 200-jährige Unternehmensdynastie


Man schrieb das Jahr 1795, in Bad Kreuznach stand noch die Stadtmauer, da kam der im rheinhessischen Appenheim geborene Turmuhrmacher und Orgelbauer Heinrich Grossarth nach Kreuznach. Die Einwohnerliste der Stadt Kreuznach vom Heiligabend 1796 weist als Adresse des Instrumentenmachers das Haus Nr. 508 aus. Es befand sich innerhalb der historischen Stadtmauer, so begann Stefan Kühlen seinen Vortrag. Heinrich Grossarth begründete eine Unternehmerdynastie, die bis in die fünfte Generation unter „Grossarth“ geführte wurde. Else, die Tochter von Julius Grossarth, heiratete den in Saarbrücken geborenen Uhrmacher und Optiker Robert Dörrenbächer. 1936 übernahm das Ehepaar das Unternehmen, das fortan unter „Dörrenbächer“ firmierte.

Am 2. Januar 1945 wurde das Geschäftshaus in der Mannheimer Straße bei einem Bombenangriff zerstört. Schon während des Zweiten Weltkrieges erwarb die Familie Dörrenbächer das Nachbarhaus von Wilhelm Metzger, genannt der „Hahnemetzger“, in der Mannheimer Straße 174. Auf dem Trümmergrundstück Mannheimer Str. 174-176, errichteten sie 1948, nach den Plänen des Architekten Karl Schneider, ein neues Wohn- und Geschäftshaus. Die Steine stammten zum Teil aus dem zerstörten alten Feuerwehrhaus in Bad Kreuznach und die eingezogenen Metallträger in der Decke von einer zerstörten Brücke aus Mainz. Nach dem Tod von Robert Dörrenbächer in den frühen 50er Jahren führte seine Ehefrau Else Dörrenbächer geb. Grossarth, nach vorübergehender Unterbrechung des Geschäftsbetriebes, das „Uhren- und Schmuckgeschäft“ weiter.

Die Geschäftsräume in der Mannheimer Str. 174 wurden an das Gardinengeschäft „Erich Heinen“ vermietet, bis im Jahr 1966 die Firma Optiker Wagner, Inh. Kurt Wagner, aus der Salinenstraße in die Mannheimer Straße 174 umzog. In den Räumlichkeiten Mannheimer Straße 176 befand sich der Laden von Rudolf Gerling, Tabakwaren und später das Miederwarengeschäft Flick, danach bezog wieder Firma Dörrenbächer das Ladenlokal.

Als Else Dörrenbächer starb, übernahmen der Sohn Walter Dörrenbächer und seine Ehefrau Margit das „Uhren- und Schmuckgeschäft“. Walter Dörrenbächer hatte ebenfalls bei seinem Vater das Uhrmacherhandwerk erlernt. Wegen des frühen Todes von Robert Dörrenbächer vollendete Walter Dörrenbächer seine Lehre bei Uhrmacher Grebe in Kirn.

Nicht nur die Stadtbevölkerung gehörte zu den Kunden der Uhrmacherfamilie. „Von weither aus den umliegenden Ortschaften kamen die Menschen zu Dörrenbächer und kauften Armbanduhren, Taschenuhren, Standuhren, Küchenuhren, Armbänder, Ringe, Broschen, Halsketten und Juwelen. Selbstverständlich wurde auch Defektes repariert und instandgesetzt“, erzählte Stefan Kühlen der großen und interessierten Zuhörerschar. Leider gab es auch geschäftliche Tiefschläge zu verarbeiten. Bei einem Einbruch zu Beginn der 80er-Jahre wurde der gesamte Warenbestand gestohlen. Auch Elke Fluhr geb. Dörrenbächer, die das Geschäft 1994 übernahm, hatte einen Schreck zu verkraften. Eines Abends im Jahr 2006 griff ein vermeintlicher Kunde ins Schaufenster und entwendete ein Tablett mit wertvollen Trauringen. Der Täter setzte zur Flucht durch die Wormser Straße an. Peter Fluhr, der Ehemann von Elke, nahm sofort die Verfolgung auf und konnte tatsächlich einen Teil der Beute zurückholen. Der Dieb entkam leider unerkannt. Im Jahr darauf zerstörten Ganoven an einem Sonntagnachmittag um 16:30 Uhr die Fensterscheibe des Ladens mit einem Stein und hatten es wieder auf die wertvollen Eheringe abgesehen.

Auch nach der Geschäftsaufgabe im Dezember 2012 herrscht weiter der „unternehmerische Geist der Familie Dörrenbächer“ in der Mannheimer Straße 174-176. Das seit 1931 bestehende Augenoptikerfachgeschäft „Optiker Wagner“ übernahm Anfang 2013 die vakanten Räume und erweiterte seine Verkaufsfläche, schloss der Inhaber von „Optiker Wagner“ und Kenner der Stadtgeschichte Stefan Kühlen seinen Vortrag. 


Foto: 200 Jahre Unternehmergeschichte "Uhrmacherfamilie Grossarth-Dörrenbächer" ließ Stefan Kühlen Revue passieren.

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