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Ausstellung über Hugo Salzmann im Internet
Eine Familiengeschichte, wie sie kaum spannender sein kann, beginnt in Bad Kreuznach um 1880. Zwei Glasbläser finden in der Glashütte Arbeit. Es sind der Großvater und der Vater von Hugo Salzmann, der in der Weimarer Republik nach einer Lehre als Metalldreher seine politische und vor allem antifaschistische Arbeit begann und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten flüchten musste (siehe auch zur Person). Seine dritte Ehefrau, die im vergangenen Jahr starb, hinterließ ihrer Tochter Julianna Salzmann ein umfangreiches persönliches Archiv mit Fotos, Briefen und vieles mehr. Dazu gehören auch kleine Skulpturen, die Hugo Salzmann im Lager Le Vernet mit dem Taschenmesser aus Suppenknochen geschnitzt hat.
Dieser Nachlass bildet die Grundlage für eine virtuelle Ausstellung, die der Koblenzer Hobby-Historiker Joachim Hennig gemeinsam mit Julianna Salzmann und mit der Unterstützung ihres Bruders Hugo erarbeitet. „Wir geben dieser Familiengeschichte einen regionalen Bezug und beleuchten dabei die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Bad Kreuznachs von 1880 bis zu Salzmanns Tod im Jahr 1979“, so Hennig. Der Richter am Oberverwaltungsgericht Koblenz engagiert sich als stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus mit Sitz in Koblenz. Für die Ausstellung liefert das Stadtarchiv „wichtige Mosaiksteine“. Gemeinsam mit Julianna Salzmann hat Hennig Fotos von alten Stadtansichten wie Bismarckplatz (heute Kornmarkt) oder Schillingshof herausgesucht und Berichte über Wahlveranstaltungen und Demonstrationen sowie Wahlergebnisse bis 1933 aus den Tageszeitungen kopiert.
Das Buch, in dem der österreichische Autor Erich Hackl das Leben und Schicksal von drei Salzmann-Generationen dokumentiert, war für Julianna Salzmann der Auslöser, sich wieder mehr mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Julianna Salzmann wurde 1948 Bad Kreuznach geboren und lebt seit 1972 in Frankfurt. „Die Lektüre des Buches hat mich mehr und mehr gefesselt.“ Ihr Bruder Hugo (1932 in Bad Kreuznach, geboren) stammt aus der Ehe ihres Vaters mit der im Konzentrationslager gestorbenen Julianna Salzmann. Er lebte in der Zeit der Inhaftierung der Eltern bei Verwandten seiner Mutter in Österreich. 1948 kehrte er wieder nach Bad Kreuznach zum Vater zurück, der inzwischen wieder verheiratetet war. Die Entfremdung zwischen Vater und Sohn war nach der langen Trennung zu groß. Der Salzmann-Enkel Hanno wurde in Österreich wegen der politischen Vergangenheit seiner Großeltern als Opfer bzw. Verfolgte des Naziregimes an seinem Arbeitsplatz angefeindet und gemobbt.
Mit Joachim Hennig war Julianna Salzmann mehrfach im Stadtarchiv und hat mit ihm gemeinsam Dokumente für die Ausstellung ausgesucht. „Dabei hat uns Frau Blum-Gabelmann sehr unterstützt“, bedankt sie sich bei der Stadtarchivarin. Joachim Hennig und Julianna Salzmann bedanken sich außerdem bei der Landeszentrale für politische Bildung, der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit im heutigen Rheinland-Pfalz, dem DGB Rheinland-Pfalz, der Sparkasse Rhein-Nahe und der Stiftung Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach für die finanzielle Unterstützung der Ausstellung, die zum Volkstrauertag am Sonntag, 18, November, im Internet freigeschaltet werden soll.
„Dieser Termin ist sicherlich im Sinne von Hugo Salzmann“, so Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer. Als DGB-Rechtssekretär hat sich Salzmann dafür eingesetzt, dass auf dem Friedhof ein Ehrengräberfeld mit einem Gedenkstein für die Opfer des Faschismus geschaffen wurde. Nach einer längeren Pause gab es dort im vergangenen Jahr am Volkstrauertag wieder eine Kranzniederlegung im Beisein von Julianna Salzmann.
Zur Person:
Als Gewerkschafter und Kommunist musste Hugo Salzmann nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 mit Frau und Sohn erst ins Saargebiet dann nach Paris flüchten. Dort wurde er wie andere Emigranten am 1. September 1939 verhaftet. Nach der Auslieferung durch das Vichy-Regime im November 1941 verurteilte ihn der Volksgerichtshof zu acht Jahren Zuchthaus in Butzbach, wo er 1945 von den Amerikanern befreit wurde. Seine Ehefrau Julianna wurde ebenfalls interniert. Sohn Hugo junior fand Zuflucht bei Verwandten seiner Mutter in Österreich. Julianna Salzmann starb 1944 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück an Typhus. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte Hugo Salzmann seine politische und gewerkschaftliche Arbeit in seiner Heimatstadt fort und machte sich auch als Künstler in seinen letzten Lebensjahren einen Namen. Nach Hugo Salzmann ist eine Straße in Bad Kreuznach benannt.
Foto: Im Stadtarchiv fanden Julianna Salzmann und Joachim Hennig viel Material für die Ausstellung über Hugo Salzmann.